Leserbrief zur AfD

Sehr geehrte Frau Dr. Baum,

Sie fordern mich in Ihrem Leserbrief vom 23.02.2016 auf, mich auf Sachebene mit Ihnen auseinander zu setzen, was ich gerne tue.

Zuerst einmal zu Ihrer Definition eines Nazi / Faschisten, welche aus Ihrer Sicht die Menschen unterdrücken, bekämpfen und dabei Gewalt anwenden. Laut Ihnen trifft das auf kein einziges AfD-Mitglied zu. Ihre Vorsitzende Frauke Petry gab aber am 22. Februar in einem Interview zu, dass der grölende Mob in Clausnitz auch aus AfD-Mitgliedern bestand und dieser „Empfang“ der Flüchtlinge durch ein AfD-Mitglied organisiert wurde. Hier strafen Sie sich also bereits selbst Lügen!

Jetzt aber zu Ihren Positionen:

Steuergesetze: Ihr Mitglied Dr. Behrendt sagte im Wahlkampf 2013, „die AfD fordere eine drastische Vereinfachung des Steuerrechts in Anlehnung an das progressiv wirkende Kirchhofsche Steuermodell […] mit einem einheitlichen Steuersatz von 25%.“
Das bedeutet die Verabschiedung vom Solidarsystem und bevorzugt Besserverdiener!

Pressefreiheit: „Die AfD will auf die öffentlich-rechtlichen-Rundfunkanstalten einwirken und auch im Bildungsbereich Anstrengungen unternehmen, damit Ehe und Familie positiv dargestellt werden.“
Die AfD will einwirken? Muss man das noch kommentieren? Wie das funktioniert sieht man gerade in Polen.

Bürgerrechte: „Bei der Datenspeicherung werden bei den Providern Informationen darüber aufbewahrt, wer wann mit wem telefoniert oder E-Mails geschrieben hat. Mit den erfassten Daten können Täterstrukturen erkannt, Bewegungsprofile erstellt und Beweismittel länger erhoben werden. Datenschutz darf kein Täterschutz sein.“
Und wo bleibt die Privatsphäre aller, die damit unschuldig überwacht werden? Und wer bestimmt und überwacht, wer auf diese Daten Zugriff haben darf?

„Es ist zu prüfen, ob dies mit den bisherigen Strukturen am besten zu erreichen ist oder ob die Ämter für Verfassungsschutz auf Landesebene mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zu einer Behörde mit Außenstellen in den Bundesländern zusammengefasst werden sollen.“
Ich würde das als Neuschaffung der Stasi bezeichnen.

Jugendliche:
– „Die Wiedereinsetzung der allgemeinen Wehrpflicht für männliche Deutsche“
– „Die finanzielle und ideelle Stärkung zivilen bürgerschaftlichen Engagements“
– „Jugendoffiziere der Bundeswehr informieren über die Streitkräfte. Das sollen sie weiterhin und ohne Beschränkung an Baden-Württemberger Schulen tun dürfen“
– „Wir regen an, einen ‚Tag des Heimatschutzes‘ einzuführen, an dem Bundeswehr, Feuerwehr, Polizei und THW über ihre Arbeit informieren“
Die Wehrpflicht wurde aus gutem Grund abgeschafft. Kein Mensch darf gezwungen werden, den Dienst an der Waffe auszuüben. Diese Forderung, insbesondere nur für Männer, ist absurd und diskriminierend. Und der ‚Tag des Heimatschutzes‘ in Verbindung mit einer reinen Wehrpflicht der Männer? Was kommt als nächstes? „Bund deutscher Mädchen“ wieder einführen?

„Sowohl während des Unterrichtes als auch gegenüber Schulverweigerern ist Unterrichtsdisziplin einzufordern und konsequent durchzusetzen.“
Hat die AfD schon einen Vorrat an Rohrstöcken angelegt? Oder arbeitet man lieber zeitgemäß mit Elektroschockern?

Umweltschutz: „Die Energiestrategie der EU, bis zum Jahre 2020 den Primärenergieverbrauch alles Mitgliedsstaaten um 20% zu senken, ist illusorisch und im Hinblick auf die bis 2020 angestrebte Elektromobilität sinnlos und widersprüchlich. Sie hat die unbelegte Klimaschädlichkeit des anthropogenen CO2 sowie den Willen zur Einsparung fossiler Ressourcen zur Grundlage.“
Die AfD behauptet tatsächlich, dass der Klimawandel eine Lüge ist. Die Pole schmelzen also nur zum Spaß? Laut den Fachleuten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist die globale Erwärumg inkl. aktuell immer wieder auftretenden jährliche Wärme-Rekorden von Menschen verursacht und damit ist es höchste Zeit etwas gegen den hohen CO2-Ausstoß zu unternehmen. Das bedeutet den Verzicht auf fossile Engergieträger bzw. dessen massive Einschränkung. Die logische Folge ist der kompletten Umstieg zu regenerativen Energien!

„Die AfD fordert, den Anschluss an den Stand der internationalen nuklearen Energieforschung zurückzugewinnen.“
Wir leben im Jahr 54 nach Inbetriebnahme des ersten deutschen Atomkraftwerks in Kahl. Seither sind ca. 25000 m³ hochradioaktiver Abfalls, der noch für min. 200000 Jahre sicher verwahrt werden muss, allein in Deutschland angefallen, von dem man nicht weiß wohin damit. Hat hierzu die AfD eine Lösung parat, die in den letzten 54 Jahren übersehen wurde?
Von den Gefahren mal ganz abgesehen; reichen Ihnen Tschernobyl und Fukushima als Beispiele?

Familienpolitik: „Wie in ganz Deutschland, so werden auch in Baden-Württemberg schon seit Jahrzehnten viel zu wenige Kinder geboren. Diese Lücke durch Zuwanderung kompensieren zu wollen, ist von der demographischen Forschung längst als Illusion entlarvt worden. Neben einer auf das zuträgliche Maß begrenzten und nach Kriterien gesteuerten Einwanderung ist es daher vor allem notwendig, die Geburtenrate in unserem Land zu steigern. In diesem Sinne setzt sich die AfD für eine ‚Willkommenskultur für Kinder‘ ein, die auch eine Reduzierung der viel zu hohen Abtreibungszahlen mit sich bringen würde.“
Die AfD ist so beratungsresistent, dass man sie eigentlich als eigenes wissenschaftliches Projekt untersuchen müsste. Woher nehmen Sie eigentlich Ihre „Weisheit“, dass der demografische Wandel nicht durch Zuwanderung gemindert werden kann? Die Geburtenrate steigert man garantiert nicht damit, dass man das Bild der Frau auf eine Gebärmaschine und Hausfrau reduziert und alles andere außer Acht lässt. Und es stellt sich überhaupt die Frage, ob die Bevölkerungszahl in Deutschland konstant bleiben muss.
Aus meiner Sicht ist die Problematik der Abtreibung bei uns gut gesetzlich geregelt und bedarf keiner Verschärfung – und schon gar nicht aus ideologischer Sicht einer einzelnen Partei!

Das sind nur einige von vielen absurden Punkten aus dem AfD Wahlprogramm und ich bin auf die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik absichtlich nicht eingegangen, da hier die Positionen der AfD ja hinreichend bekannt sind.

Bitte, lieber Leser, gehen Sie am 13. März unbedingt wählen und machen ihr Kreuz bei einer demokratischen Partei Ihrer Wahl, aber bitte nicht bei der AfD, den Republikanern oder der NPD!

Stefan Heidrich, Lauda-Königshofen